Schweißgebadet: Was bei krankhaftem Schwitzen hilft

München (dpa/tmn) – Das T-Shirt klebt an der Haut, das Gesicht glänzt, die eine oder andere Schweißperle rinnt an einem herunter: Schwitzen ist eines der lästigen Dinge im Sommer. Aber lebensnotwendig:

«Schwitzen ist ein physiologischer Prozess, der die Körpertemperatur stabil hält», erklärt Gerd Gauglitz, Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie an der LMU München.

Bei der Verdunstung von Schweiß wird dem Körper Wärme entzogen – das schützt vor Überhitzung. Aber manche Menschen schwitzen weit mehr, als es für die Wärmeregulation nötig wäre. Medizinier sprechen dann von
Hyperhidrose – krankhaftem Schwitzen.

Wann schitzen krankhaft ist:Eine genaue Definition, wann Hyperhidrose beginnt, gibt es nicht. Wer im Sommer, beim Sport oder körperlicher Anstrengung unter den Achseln, im Gesicht, auf dem Rücken oder auch an der Brust schwitzt, muss sich keine Sorgen machen. «Beim krankhaften Schwitzen läuft das Wasser mitunter den Körper runter, theoretisch auch temperatur- und anstrengungsunabhängig», sagt Gauglitz. «Hyperhidrose ist mit Schwitzen beim Sport nicht zu vergleichbar», betont auch Prof. Thomas Dirschka vom Berufsverband deutscher Dermatologen.

Was hinter Hyperhidrose stecken kann:Grundsätzlich wird zwischen der primären und der sekundären Hyperhidrose unterschieden – bei der primären Form hat das Schwitzen keine Erkrankung als Ursache, erklärt Gauglitz. Es kann psychische Ursachen wie Angst oder übermäßige Anspannung haben. Bei der sekundären Hyperhidrose ist das Schwitzen hingegen Symptom einer Grunderkrankung: Es kann zum Beispiel durch Diabetes, hormonelle Probleme etwa durch die Schilddrüse oder Krebs ausgelöst werden, erklärt Dirschka. Gerade starkes nächtliches Schwitzen sollten Betroffene abklären lassen, rät die Münchener Heilpraktikerin Ursula Hilpert-Mühlig. Sie ist Vizepräsidentin des Fachverbandes Deutscher Heilpraktiker.

Formen des krankhaften Schwitzens: Wenn Betroffene entweder an einer oder mehreren Stellen übermäßig stark schwitzen, ist von der lokalisierten Hyperhidrose die Rede. Sie ist in aller Regel der primären Form – also der ohne Grunderkrankung als Ursache – zuzuordnen. Meistens sind dabei die Achseln, die Handinnenflächen und die Fußsohlen betroffen, beschreibt Gauglitz. Beim generalisierten Schwitzen hingegen ist der ganze Körper betroffen, und es steckt oft eine andere Grunderkrankung dahinter.

Welche Therapien es bei krankhaftem Schwitzen gibt: Wenn die Hyperhidrose auf eine oder mehrere Stellen begrenzt ist und keine Grunderkrankung dahintersteckt, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten: Deodorants mit einem höheren Aluminiumchlorid-Anteil zum Beispiel. «Sie sind zwar wegen einer Studie als brustkrebserregend in Verruf geraten, es gibt aber keine klaren Daten. Deshalb würde ich sie nicht aus der Behandlung verbannen», sagt Gauglitz.

Eine weitere und laut Gauglitz gute Option ist die Injektion von Botulinumtoxin. Dabei werden Nerven vorübergehend blockiert, um das übermäßige Schwitzen zu reduzieren. Es sind etwa ein bis zwei derartige Behandlungen pro Jahr nötig. Gesetzlich versicherte Patienten müssen diese laut Gauglitz in der Regel selbst bezahlen – die Kosten pro Behandlung liegen ihm zufolge etwa bei 550 bis 700 Euro. Hyperhidrose kann auch mit der sogenannten Iontophorese behandelt werden. Dabei wird Strom durch die betroffenen Areale geleitet. Die Behandlung soll in mehreren Sitzungen die Aktivität der Schweißdrüsen hemmen – das ist für Patienten sehr zeitaufwendig, werde aber von den Krankenkassen in der Regel bezahlt, sagt Gauglitz.

Außerdem gibt es Eingriffe, die das Schwitzen lindern sollen. Bei einem werden in einer Art Absaugprozess nervale Strukturen zerstört, erklärt Dirschka. Bei der anderen, drastischeren Methode werden die Nerven durchtrennt. Ob und welche Behandlungen bei Hyperhidrose von den Kassen übernommen werden, ist laut dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen immer abhängig vom Einzelfall. Am besten wenden Betroffene sich an ihre Krankenkasse.

Was Betroffene selbst tun können: Es kann helfen, zur Ruhe zu kommen: Zum Beispiel mit Entspannungsübungen, einem Yoga-Kurs, autogenem Training oder progressiver Muskelrelaxation, erklärt Hilpert-Mühlig. Außerdem können auch Wechselduschen die Beschwerden lindern.



Fotocredits: Mascha Brichta,Magdalena Rodziewicz,Gerd Gauglitz

(dpa)
Zurück Helfende Handgriffe: Impulse zur Selbstheilung
Vor Beschwerden durch Milchprodukte: Intoleranz und Allergie