Wie Eltern allergischen Kindern helfen können

Berlin (dpa/tmn) – Mit Allergien leben heißt mit Einschränkungen leben – und auch mit unsensiblen Kommentaren. Medizinjournalistin Daniela Halm weiß, wovon die Rede ist: Ihre Tochter hat gleich mehrere Allergien.

Sie hat das Buch «Total allergisch – na und?» geschrieben, mit dem sie Allergikern und Eltern von betroffenen Kindern Mut machen möchte. Im Interview mit dem dpa-Themendienst erzählt sie, wie man den Alltag mit einem allergischen Kind meistert und wie sich Allergien auch etwas Gutes abgewinnen lässt.

Allergien können ja nervig und belastend sein. Wie schafft man es, sich davon nicht unterkriegen zu lassen?

Daniela Halm: Die Allergie annehmen, so gut es geht, und nicht ständig dagegen ankämpfen. Natürlich gibt es auch Tage, wo man das nur doof findet. Aber im Großen und Ganzen hilft es enorm, zu akzeptieren, dass das jetzt zu mir oder – wenn wie bei uns ein Kind betroffen ist – zu uns als Familie gehört. Man kann so einer Allergie sogar etwas Positives abgewinnen.

Was denn?

Wer zum Beispiel Lebensmittelallergien hat, muss selbstbewusst sein. Der muss schon als Kind ständig fragen: «Was ist da drin?» Oder Freunde, Lehrer, Betreuer informieren. Das nervt. Aber positiv betrachtet bringt es einen auch weiter. Allergiker lernen auch vielleicht mehr als andere, auf ihren Körper zu hören, weil sie einfach viel mehr auf ihren Körper achten müssen. Später kann diese gute Körperwahrnehmung auch schützen.

Wie ist das in der konkreten Situation, zum Beispiel im Schub: Gibt es Strategien, um damit besser zurechtzukommen?

Das kommt natürlich auf die Allergie an. Wir haben zum Beispiel eine kleine Schatzkiste angelegt für unsere Tochter, die Neurodermitis hat. Typisch für diese Hautkrankheit ist der Juckreiz. Diese Schatzkiste soll sie ablenken, wenn die Haut mal wieder sehr juckt und es ihr deshalb nicht so gut geht. Ich habe zum Beispiel einen Brief reingelegt, in dem steht, was ich an ihr schätze, welche Stärken sie hat, was sie gut kann. Entspannungsverfahren sind hilfreich, darum liegt eine Meditations-CD in der Kiste. Und ein kühler, glatter Stein, den sie in die Hand nehmen kann. In so eine Kiste kann man auch ein Tagebuch legen, in das man reinschreiben kann, was einen beschäftigt, zum Beispiel auch, dass man die Allergie richtig doof findet. Für Allergiker ist ein gutes Gefühlsmanagement wichtig – der Stress muss raus.

Müssen Eltern allergische Kinder vor Stress schützen?

Stress kann eine Allergie verstärken, keine Frage. Ein gutes Stressmanagement ist aber auch bei gesunden Menschen wichtig. Und die Frage ist auch: Was empfindet jemand als Stress? Meine Tochter macht zum Beispiel viel Sport. Da kann man sich durchaus fragen: Ist das nicht zu viel? Aber das macht ihr so viel Spaß, dass ich denke, die positiven Effekte, auch auf ihre Allergien, überwiegen. Allergische Kinder gehören nicht unter eine Schutzhaube, sie brauchen aber ein gutes Körpergefühl.

Ist das Kind eingeladen, kann das bei Eltern Ängste auslösen, etwa bei Erdnussallergien. Wie gehen sie damit am besten um?

Allen Bescheid sagen. Bei einer Erdnussallergie etwa sollten Kinder Notfallmedikamente dabeihaben. Solange Kinder sie nicht selbst anwenden können, ist man darauf angewiesen, dass andere das tun. Also müssen Erzieher und Lehrer, aber auch die Eltern von guten Freunden wissen, wo das Notfallset ist, wie man es benutzt und was das Kind nicht essen darf.

Wie machen Eltern das am besten? Vorher anrufen?

Ich habe das immer so gemacht, ja. Nach der Einladung habe ich erstmal angerufen und gefragt, was es zu essen gibt – und im Zweifelsfall selbst gebacken und meinem Kind den Kuchen dann mitgegeben. Und ich bin schon zehn Minuten früher zum Kindergeburtstag gegangen und habe das Notfallset abgegeben und erklärt. Bei den Eltern bin ich da immer auf offene Ohren gestoßen. Meine Tochter fand das manchmal etwas peinlich, glaube ich (lacht).

Finden die Kinder es nicht belastend, dass sie auf Geburtstagen vieles nicht essen können?

Da rate ich, den Spieß einfach mal umzudrehen und eine Positivliste zu erstellen, zum Beispiel mit allen Süßigkeiten, die das Kind essen darf. Die Wahrheit ist ja, dass die Kinder doch vieles essen können und nur bestimmte Dinge nicht. Meine Tochter war überrascht, wie viel das ist, was sie darf. Also den Fokus nicht immer nur auf das Negative richten, das ist mein Tipp.

ZUR PERSON: Daniela Halm berichtet als Fernsehjournalistin seit vielen Jahren über Medizinthemen. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet.

Literatur

Daniela Halm: Total allergisch – na und? Das Mutmacherbuch bei Neurodermitis, Heuschnupfen, Asthma & Co. Springer Verlag. 350 S., 18 Euro, ISBN-13: 9783662572726.

Fotocredits: Silvia Marks,Daniela Halm,Springer Verlag

(dpa)
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